Ein „Dauerbrenner“ der Brandschutz-Diskussion

Die Rettung von Menschen – insbesondere bei Bränden – ist Aufgabe der Feuerwehr. Dieser kommt sie tagtäglich mit großem Erfolg nach. In vielen Fällen sind ihr lebensrettenden Einsätze jedoch deutlich erschwert: In Berlin betrifft dies ca. 400 000 Wohnungen (geschätzt 1/5) in oberen Geschossen oder Hinterhäusern. Sie verfügen über keine ausreichende zweiten Rettungswege über Rettungsgeräte der Feuerwehr, die baurechtlich erforderlich sind. Daran „schuld“ sind meist die historische Blockbebauung mit Seitenflügeln und Quergebäuden, enge (Wohn-)Straßen, parkende Fahrzeuge oder große Straßenbäume.

Aufstellflächen für die Feuerwehr

Richtschnur für die Herstellung von Flächen für die Feuerwehr ist eine Richtlinie [1], die historisch auf die 50er und 60er Jahre zurückgeht. Damals war die verkehrsgerechte Stadt das Vorbild für den Städtebau. Dieses Modell hat ausgedient. Bewohner heutiger Städte schätzen eher die kompakten und hoch verdichteten Viertel. Der Abriss von Altbauten zur Auflockerung der Stadtkerne ist „out“, die Nachverdichtung durch Baulückenschließung und Dachaufstockungen ist „in“. Moderner Städtebau und „historische“ Aufstellflächen, das passt nicht zusammen. Wollen wir auf dem Weg des Erhalts und der Nachverdichtung der Städte vorankommen müssen hier Lösungen gefunden werden.

Sicherheitstreppenraum

Ansätze dazu gibt es in verschiedenen Bundesländern und Großstädten. Sie bedingen entweder den Einsatz umfangreicher Technik („Modell Hamburg“ mit Druckbelüftungsanlagen) oder einen Wohnflächenverlust bei Neubauten („Modell Berlin“ mit zusätzlichen Schleusen zum Treppenraum). Beides kann bei Neubauten sowohl in der Planung als auch in der Kostenkalkulation rechtzeitig berücksichtigt werden.

Schlechter sieht es bei Altbauten aus. Bestandsmietern kann nicht ein „Stück Wohnung“ für eine zusätzliche Schleuse weggenommen werden. Inzwischen hat der Berliner Senat sein „Modell“ für „Sicherheitstreppenräume“ trotzdem in die VV TB Bln [1] aufgenommen. Alternative Maßnahmen bleiben dadurch außen vor und tausenden Bewohnern Berliner Altbauten werden sinnvolle Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Flucht- und Rettungswege verwehrt.

Lösungen für Bestandsmieter

Statt hemmender Verordnungen sind auch in Berlin intelligente Lösungen gefragt. Sie ermöglichen nicht nur die Schaffung zusätzlicher Dachwohnungen mit ausreichenden Rettungswegen, sondern verbessern zusätzlich die Situation vieler Bewohner in Wohnungen ohne zweiten Rettungsweg.

Treppenräume können z.B. mit einem Differenzdrucksystem (Druckbelüftungsanlage) ausgestatten und damit als Sicherheitstreppenräume für Gebäude unterhalb der Hochhausgrenze ohne Schleuse zugelassen werden. Dieser Sicherheitstreppenraum ist ebenso effektiv, kann aber deutlich besser an Bestandssituationen angepasst werden. Daneben können eine effektive Rauchableitung oder Wasserfeinsprüh–Niederdruckverfahren herangezogen werden.

Fazit

Die Berliner Verordnung zu Sicherheitstreppenräumen hat sich bei Neubauten bewährt. Leider sind dadurch alternative – insbesondere technische – Maßnahmen zur Verbesserung von Treppenräumen oder der Schaffung von Wohnraum in Altbauten ausgeschlossen. Bei verantwortungsbewusster Planung und technisch einwandfreier Umsetzung sind diese Maßnahmen jedoch grundsätzlich als gleichwertig anzusehen.

Reinhard Eberl-Pacan

Vorsitzender des Vorstands

Bundesvereinigung Fachplaner und Sachverständige für den vorbeugenden Brandschutz e.V.

 

Literatur:

[1] Muster-Richtlinien über Flächen für die Feuerwehr – Fassung Februar 2007 – (zuletzt geändert Oktober 2009)

[2] Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (VV TB Bln) vom 19. April 2018 (ABl. S. 2095) zuletzt geändert 6. Februar 2019 Anhang A „Anforderungen an Sicherheitstreppenräume (SiTrR Bln)“

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